Digitalisierung
Die Landesdelegiertenversammlung möge beschließen:
Begründung:
Jede Zeit hat ihre Herausforderungen. Aber noch nie waren es so viele auf einmal: Ukraine-Krieg, Hamas-Terror, Preis-, Wirtschafts- und Migrationskrise. Die Corona-Krise ist immer noch nicht gänzlich überwunden.
Gerade im Kontext der Corona-Krise trat die unzureichende digitale Entwicklung deutscher Schulen deutlich hervor. Seither ist einiges passiert, aber leider nur einiges. Die eingeleiteten Maßnahmen wie Fortbildung, Unterrichtsentwicklung und die digitalen Sachausstattungen an Schulen sind lange noch nicht abgeschlossen. In vielen Landkreisen fehlen nach wie vor schnelle Breitband-Anschlüsse. Es ist offen, ob der Digitalpakt 2.0 in eine Umsetzung kommen wird.
Durch Corona wurden 30 % der bundesdeutschen Gesamtschülerschaft massiv benachteiligt, was auch die aktuellen Ergebnisse der PISA-Studie zeigen. Es ist bislang nicht ansatzweise gelungen, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen. Es ist unabdingbar, Maßnahmen zur Schaffung einer echten Chancengerechtigkeit in eine bundesweite strategische Maßnahmenplanung aufzunehmen. Der Digitalisierung kommt hierbei eine originäre Aufgabe zu.
Aus der Sicht des IHS ergeben sich sechs zentrale Forderungen, um den zuvor beschriebenen Herausforderungen wirksam begegnen zu können.
- Schulleitungsteams begreifen sich als digital learning leaders.In ihrer Grundhaltung als lebenslang lernende Führungskräfte tragen sie die Hauptverantwortung für die digitalen Prozesse an ihren Schulen und werden zu Promotoren aller an Bildung beteiligten Personen. Sie sind davon zutiefst überzeugt, dass die Digitalität schulisches Lernen nachhaltig positiv verändern wird und glauben an die digitale Dividende. Darüber hinaus besitzen sie aber auch ein klares Verständnis der Grenzen oder negativen Auswirkungen der Digitalität. Eine digitale Gesamtstrategie ist an den Bedürfnissen der Schulen vor Ort zu orientieren. Bei der Setzung von Standards sind Schulleitungsteams in ihrer Expertise mit einzubinden.
- Digitale Standards sind definiertAn tausenden Schulen in Deutschland erleben wir gelingende Entwicklungen im digital-vernetzten Lernen. Politisch Verantwortliche und Schulträger definieren klare Standards zur digitalen Entwicklung der Einzelschule.Hierzu zählen:
- Die Schaffung schneller Breitbandanschlüsse mit einem leistungsfähigen Netzwerk.
- Alle Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte erhalten moderne digitale Endgeräte, die auf die entsprechenden Schulformen und deren spezifischen Bedarfe hin so abgestimmt sind, dass sie den pädagogisch-didaktischen Herausforderungen der jeweiligen Schule entsprechen. Die Endgeräte werden zentral administriert.
- Ein direkter und äußerst zeitnaher IT-Support steht jeder Schule zur Verfügung.
- Zur Abstimmung finden regelmäßige Treffen zwischen Schulleitungen, Schulträgern und Schulaufsicht statt.
- Im Rahmen der Lern- und Lehrmittelfreiheit haben die Schulen einen deutschlandweit vereinfachten Zugriff auf Lizenzen für digitale Unterrichtsmaterialien (Lehrbücher etc.). Die Beschaffung über bereitgestellte Budgets ist rechtlich abgesichert.
- Angemessene Dienstgeräte sowie Smartphones für Lehrkräfte gehören zum bundesweiten Standard.
- Schaffung eines bundesweiten Bündnisses für BildungZum ersten Mal in der Geschichte ist es möglich, ein bundesweites Netzwerk digitaler Bildung auszurollen. Schulen aller Schulformen teilen geeignete von Pädagoginnen und Pädagogen erarbeitete Unterrichtskonzepte, Planungen und Materialien auf einer zentralen Plattform. Schulleiterinnen und Schulleiter, Lehrkräfte sowie alle weiteren an Schule beteiligten Personen haben die Möglichkeit, sich in digitalen Foren zu einem sachbezogenen Austausch zu treffen. Fortbildungen und Coachingprogramme für Lehrkräfte stützen diese Prozesse.
- Funktionsfähige Schnittstellen zwischen Stundenplanprogrammen und LUSDBereits seit zwei Jahren gibt es keine funktionsfähige Schnittstelle zwischen der LUSD und Untis. Um auf einen zuverlässigen Datenbestand in der LUSD zurückgreifen zu können, sind funktionsfähige Schnittstellen von Stundenplanprogrammen und pädagogischer Verwaltungssoftware unbedingt nötig. Aktuell müssen die Schulen weiterhin Excel-Tabellen mit Daten füllen, die eigentlich bereits vorhanden sein sollten.
- Erleichterung der Bildungsverwaltung an SchuleFür die administrative Erleichterung der Verwaltungsaufgaben der Lehrkräfte im Rahmen der Unterrichtsorganisation (Führen von Unterrichtsnachweisen, Administration der Fehlzeiten von Schülerinnen und Schülern, Jahresterminplan Schule, Klausurplan Schule, datengeschütztes Messenger-System, Dokumentation von Schülerleistungen etc.) steht allen hessischen Schulen ein zentral administriertes Schulportal zur Verfügung. Damit wird eine transparente Kommunikation mit allen Mitgliedern der Schulgemeinden ermöglicht und ein schneller kommunikativer Austausch sichergestellt. Die den Schulen zur Verfügung gestellte Software sollte auch bei Berücksichtigung der Datenschutzkonformität möglichst einfach zu verwenden sein. Die Funktionen sollten sich dabei an der Funktionalität gängiger Softwarelösungen orientieren: Ein Messenger, der keine Push-Benachrichtigung ans Mobilgerät sendet, ist unzureichend. Eine Fehlzeitendokumentation, in der Vertretungslehrkräfte keine Einträge führen können, ist unzureichend.Eine Cloud im Rahmen des hessischen Schulportals für alle Bildungsteilnehmenden, wie z. B. Nextcloud, ist dringend erforderlich. Viele Schulträger sind hier bereits in Vorleistung getreten, andere Landkreise lassen ihre Schulen allein oder mit datenschutzfragwürdigen Alternativen experimentieren.Durch die Einführung digitalisierter Verwaltungsabläufe sollten die Prozesse optimiert und schneller werden. Doppelstrukturen, d. h. die Einführung digitaler Prozesse und gleichzeitige Beibehaltung von analogen Prozessen, sollten vermieden werden. Ebenfalls muss bei der Umsetzung digitaler Verwaltungsabläufe darauf geachtet werden, dass die rechtlichen Vorgaben, wie beispielsweise die Einhaltung des Dienstwegs, eingehalten werden.
- Lernen ist personalisiertZum ersten Mal in der Geschichte ist es möglich, Lernen mit Hilfe von digitalen Tools zu personalisieren. Hierzu ist perspektivisch die Lern-, Aufgaben- und Prüfungskultur neu zu denken und zu transformieren. Lernmanagementsysteme, digitale Diagnoseinstrumente und neue kreative digitale Unterrichtsformate sind den Schulen bereitzustellen. Dabei müssen kooperative Lernformen und die Lehrer-Schüler-Beziehung klar im Fokus stehen.
Im Namen der Landesdelegiertenversammlung
Andreas Leibold
IHS-Landesvorsitzender