IHS Hessen

Antrag Lehr- und Fachkräftemangel

Lehr- und Fachkräftemangel begegnen

Die Landesdelegiertenversammlung möge beschließen:

Begründung:

Die aktuelle, für Schulleiterinnen wie Schulleiter äußerst belastende Situation des Personalmangels an den Schulen erlaubt kein Zurücklehnen der Bildungspolitik, sondern erfordert ein Bündeln aller Kräfte. Die Bereitstellung qualifizierter Fachkräfte muss als zentrale Herausforderung im Bildungsbereich priorisiert werden. In der Studie der Kultusministerkonferenz vom Dezember 2020 wird prognostiziert, dass bundesweit in allen Lehrämtern bis 2030 ein erheblicher Mangel an Lehrkräften in allen Schulformen herrschen wird. Der Einstellungsbedarf von rund 34.000 Stellen erfordert wegen Teilzeitbeschäftigungen demnach bundesweit rund 37.000 Lehrkräfte, im Durchschnitt also über 3.500 Lehrkräfte pro Jahr.

Die oben genannte Vorausberechnung der KMK berücksichtigt lediglich eine prognostizierte demografische Entwicklung und eine Schätzung der Zahl der Schülerinnen und Schüler auf Grund einer durchschnittlichen Geburtenziffer, nicht jedoch die Entwicklung einer starken Zuwanderung und weiterer bedarfswirksamer Veränderungen, z. B. infolge des Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung von Grundschulkindern, die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern sowie ihrer Schulen in herausfordernden sozialen Lagen und der Realisierung inklusiver Schulangebote auf der Grundlage der UN-Konvention.

Lehrkräfte aus dem Ruhestand holen, höhere Unterrichtsverpflichtungen verbunden mit einem späteren Eintritt in den Ruhestand, Arbeitszeitreserven nutzen, die Erhöhung der Klassengrößen und ein „Training-on-the-Job“ für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger werden als qualitativ schwache Lösungsansätze durch den IHS abgelehnt.

Wir fordern zur Entlastung unserer Schulleiterinnen und Schulleiter stattdessen spürbare, wertschätzende Maßnahmen, z. B.:

  • die Finanzierung von Doppelbesetzungen für Grundschulen in herausfordernden sozialen Lagen („Ungleiches muss ungleich behandelt werden!“),
  • Wertschätzung,
  • Verringerung der Klassengrößen an allen Schulen in herausfordernden sozialen Lagen,
  • unbefristete Anstellungen und realistische Perspektiven statt Befristungsketten für alle Beschäftigten, die sich in der Schule bewährt haben,
  • die Vereinfachung der Zusammenarbeit unterschiedlicher Professionen in multiprofessionellen Teams durch Koordinationsstunden für Lehrkräfte und Schulleitungsmitglieder,
  • die Einstellungsmöglichkeit von Erzieherinnen und Erziehern für den außerunterrichtlichen Bereich des Ganztags, aber auch für die Leitung von Vorlaufkursen oder Vorklassen,
  • die Erweiterung des bildungspolitischen Blickfeldes über die MINT-Fächer hinaus durch die Abschaffung einer vorgegebenen Fächerkombination für Studierende für das Lehramt an Grundschulen (Mathematik, Deutsch, drittes Fach), damit auch an kleineren Grundschulen alle Fächer (z. B. Kunst, Musik, Englisch, Religion, Ethik, Sport usw.) durch das vorhandene Kollegium qualifiziert abgedeckt werden können,
  • die Steigerung der Attraktivität des Lehrberufes durch ein qualifiziertes Unterstützungssystem an Schulen, bestehend aus Schulpsychologie, Schulsozialarbeit, Gesundheitsfachkraft, Schulseelsorge, Dolmetscher/in und Teilhabeassistenzen, um den gestiegenen täglichen Anforderungen gerecht zu werden,
  • angemessene Ressourcen für die sonderpädagogische Förderung,
  • Ortszuschläge in Ballungsräumen und in strukturschwachen Gebieten,
  • sanierte und angemessene Schulbauten, die modernes Lernen unterstützen,
  • sowie die Verdopplung der schulpsychologischen Ressourcen in den kommenden drei Jahren.

Im Namen der Landesdelegiertenversammlung
Andreas Leibold
IHS-Landesvorsitzender